"Leben in verschiedenen Welten"
Dieses Wochenendseminar führten
wir in Kooperation mit "Dienste in Übersee"
durch, es nahmen 16 Menschen teil, darunter bi-kulturelle
Familien und MigrantInnen. Ein ähnliches Seminar bieten
wir gerne wieder an.
Wir tauschten Erfahrungen aus von Wünschen, Träumen
und Verletzungen in einer Gesellschaft, in der Politiker
bis vor kurzem behaupteten, dass die Bundesrepublik kein
Einwanderungsland sei. Wir hörten miteinander Geschichten
und machten uns gegenseitig Mut, nutzten die Chance, die
in der eigenen Erfahrung liegt. Weiterhin entwickelten wir
Methoden der Bildungsarbeit für ein Einwanderungsland
weiter. Einige Beispiele von Übungen:
Meine verschiedenen Identitäten.
In schriftlicher Einzelarbeit überlegte jede/r, was
seine Identität ausmacht. Wir stellten fest, dass unsere
Identitäten sich wandeln. Wir definieren uns in Zusammenhang
mit den Anderen und mit den Gruppen, zu denen wir gehören.
Die Vielfalt der Facetten von Identität war faszinierend.
Gemeinsamkeiten ergaben sich z.B. bei der Bedeutung von
Geschlecht, (Herkunfts-)Familie, Beruf/Arbeit bzw. Arbeitslosigkeit
und bei Verbundenheiten durch Wertvorstellungen und Interessen.
Ärgerlich waren für viele die Zuschreibungen von
außen -oft auf Äußerlichkeiten reduziert
- und wir diskutierten, was man machen kann, damit es weniger
verletzt. Beim Austausch der Ergebnisse im Plenum wurden
auch die Erwartungen für das Wochenende geklärt.
Mein Kraftfeld: Menschen und Dinge, die mich positiv
geprägt haben
Durch das Malen von gegenständlichen und abstrakten
Bildern entstanden farbenfrohe, dynamische Kunstwerke, die
einen intensiven und persönlichen Austausch in der
Gruppe ermöglichten. Die Übung war ein Rückblick
auf die Biographien der TeilnehmerInnen. Auch die Kinder
klinkten sich spontan in diese Übung ein.
Grenzen, die ich spüre, die mir gesetzt werden
Beispiele: Es ist ein dauernder Kampf zu sein,
wie ich bin, z.B. aufgrund des Drucks auf mich als Frau,
zu heiraten. Ich gehe nicht ins Schwimmbad, weil ich mehrfach
erlebt habe, dass Leute aufgrund meiner Hautfarbe dann das
Wasser verlassen - das will ich nicht mehr sehen. Ich traue
mich nicht allein in den Wald. Verantwortung gegenüber
meiner Familie zu Hause - das bleibt immer als schlechtes
Gewissen. Aufenthaltsgesetze in Deutschland: Warum mischt
sich der Staat da ein, verbietet, dass mein Kind bei mir
lebt? Immer wieder geht es um Rollenerwartungen und um Zugangsberechtigung
bzw. Verweigerung von Bewegungsfreiheit.
Wir erleben viele Einschränkungen durch die eigene
Kultur. Gleichzeitig bietet diese auch eine begrenzte Rollenauswahl.
Eigenes zu leben wird anstrengend. Eigene Entscheidungen
bedeuten oft Kampf - aber auch diese Erfahrungen sind ja
ein wichtiger Teil meiner Identität!
Interkultureller Alltag
Kleingruppen entwickeln kurze Szenen zu folgenden
Themen, welche im Anschluss diskutiert wurden. "Wir
suchen einen Afrikaner, der trommelt" aus Deutschland
traf auf das Anliegen eines afrikanischen Professors: "wir
suchen einen Partner für unser Internet-Programm an
der Uni". Oder die Kontrolle in der U Bahn: "Ich
bin schon schwarz, ich fahre nicht schwarz" und Reaktion
der Kontrolleure".